AZ: „Gefühlswelten opulent vertonter Trauer“ (Marielouise Scharf)
Passionsmusiken von Händel und Bach – Konzert der Amberger Chorgemeinschaft in St. Konrad Ammersricht
Amberg. Am Sonntagabend lud die Amberger Chorgemeinschaft zu ihrem Konzert in die Kirche St. Konrad in Ammersricht. Unter der Leitung von Dieter Müller und in Begleitung des Weidener Kammerorchesters (Deutsch-Tschechische Kammerphilharmonie) standen zwei anspruchsvolle Passionsmusiken aus dem 18. Jahrhundert auf dem Programm: „Funeral Anthem for Queen Caroline“ (HWV 264) von Georg Friedrich Händel und „Aus der Tiefe rufe ich, Herr“ (Kantate 131) von Johann Sebastian Bach.
Als Solisten mit dabei: Manuela Spitzkopf, Sopran, die Altistin Heidi Lang sowie der Tenor Stephan Beierl und der Bass-Bariton Daniel Blumenschein. Den Anfang machte Bach, der Meister der Oratorien und Kantaten. „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“. Das Werk verrät bereits die große Meisterschaft des jungen Komponisten und gehört zu den bekannteren Kantaten.
Traurig, breit, elegisch der Beginn. Auffällig der warmweiche, gerade Gesamtklang des Chors, klar die Intonation, reich an Abstufungen. Ungekünstelt im Ausdruck und mit erstaunlich voluminösen Männerstimmen. Überzeugend, sowohl solistisch als auch in Begleitfunktion, die Musiker des Weidener Kammerorchesters (Deutsch-Tschechische Kammerphilharmonie) mit der herausragenden Oboistin. Klagen und Flehen arbeitete sie expressiv mit ihrem Instrument heraus. Die Solopassagen sind für die Männerstimmen reserviert. Einfühlsam das Bass-Solo „So du willst“, gesungen von Daniel Blumenschein, der seine ausdrucksstarke Stimme tief in den Gesamtklang einbettete. Und die Tenor-Arie „Meine Seele“ fügte Stephan Beierl gemeinsam mit dem im Hintergrund gewaltig agierenden Chor zu einem einfühlsamen Ganzen.
Müller gelang es, alle Blöcke zu verzahnen, sie in ein stimmiges Gesamtkonzept zu flechten und die Nuancen von Trauer und Hoffnung zu treffen. Mit Gespür für Dramatik führte der erfahrene Dirigent, der den Chor seit 2007 leitet, das Ensemble zum glanzvollen Höhepunkt des Konzerts: zu „Funeral Anthem for Queen Caroline“. Als Georg Friedrich Händels treueste Gönnerin Queen Caroline 1737 starb, war dies dem Wahl-Londoner persönlich sehr nahe gegangen.
Binnen einer Woche komponierte er eine aus verschiedenen Bibelversen zusammengestellte, expressive Begräbnismusik, die heute als ein Hauptwerk seiner englischsprachigen Kirchenmusik gilt. Die Komposition ist eine der erschütterndsten Todesklagen überhaupt. Müller brachte die ergreifende Trauermusik in einer tiefsinnigen Interpretation voller fein ausgekosteter Klangkontraste. Trauer und Lobpreisung, Demut und Hoffnung, Verzweiflung und der Glaube an Gottes Güte und Gerechtigkeit, der Maestro setzte auf spannungsvoll-lebendige Ausdeutung.
Mit kleinen Gesten lenkte er die konzentriert mitgehenden Sänger wie Musiker. Sie zeichneten sich durch sichere Klangbalance und unforcierte Ausdruckskraft aus. Auch die vier Solisten sind Spitzenkräfte. Hatten der weiche Alt und der strahlende Tenor anfangs noch ein paar kleine Abstimmungsschwierigkeiten, so fanden sich der helle, jubelnde Sopran und der samtig schwingende Bass sehr schnell zusammen. Zu viert stimmten sie ein in den perfekt ausbalancierten, gottesfürchtigen Jubel. Mit einem letzten Geigenstrich verhallte die Musik dieses höchst beeindruckenden Konzertabends. Kurze Minute der Besinnung, dann brach langer, begeisterter Beifall los.
(Amberger Zeitung vom 13.03.2012)
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